“Wandelt in Weisheit gegenüber denen, die draußen sind, kauft die gelegene Zeit aus!”
(Kolosser 4,5)
Auch in diesem Abschnitt wiederholt unser Kritiker vor allem schon weiter oben gemachte Vorwürfe. Es wird daher auch hier zu gewissen Wiederholungen kommen.
Auch unter Nichtchristen ist es so, daß sich mit jeder neuen Bekanntschaft, mit dem Hineinwachsen in einen neuen Freundeskreis auch das “Kommunikationsverhalten” eines Menschen ändert. Durch das Kennenlernen neuer Freunde bestimmen neue Themen die Gesprächsinhalte eines Menschen. Um wieviel mehr prägt die Begegnung mit Gott einen Menschen. Auch die ersten Christen bekannten:
“Es ist uns unmöglich, von dem, was wir gesehen und gehört haben, nicht zu reden.” (Apostelgeschichte 4,20)
Das Reich Gottes, die Nachfolge Jesu wird das bestimmende Thema unseres Lebens. Belanglosigkeiten wie Briefmarken oder Fußballspiele sind dann einfach kein Gesprächsthema mehr. Einem Nichtchristen, für den Gott nicht den Mittelpunkt des Lebens bildet, mag es verdächtig sein, daß “das religiöse Element einen alles bestimmenden Platz im Leben und Denken gewinnt.” Aber was sonst kennzeichnet den Christen, wenn nicht das Bemühen, sein ganzes Leben und Denken von Christus bestimmen zu lassen?
Diese zentrale Position Gottes in unserem Leben heißt aber nicht, daß es keine anderen Gesprächsthemen für uns gibt. Wir sind keine apolitischen, kulturlosen und wissenschaftsfremden Menschen. Aber wir sehen alles auf der Basis des Glaubens und auf Christus hingeordnet.
Die uns unterstellte Taktik, “in der Anwerbephase der Familie des potentiellen Mitglieds ein günstiges Bild von sich zu vermitteln”, danach aber die “bisherigen Kontakte zu Menschen außerhalb der Sekte auf ein Minimum zurückzuschrauben bzw. gänzlich abzubrechen”, liegt nicht vor. Wir haben nichts zu verbergen. Jeder, der uns wirklich kennenlernen will, hat von vornherein die Möglichkeit, mit uns zusammen zu sein und uns kennenzulernen, so wie wir sind. Unsere Gäste haben die Möglichkeit, unser Gemeinschaftsleben von innen kennenzulernen. Wir wollen kein religiöses Theater spielen, sondern jeden von vornherein so weit wie möglich an unserem Leben Anteil haben lassen (vgl. 1. Thess 2,8). Wir wollen niemandem ein falsches Bild über uns vermitteln, weder günstiger noch ungünstiger. Wir verkündigen nicht uns selbst, sondern Jesus (2. Kor 4,5). Jeder kann prüfen, wie weit unser Leben der Forderung Jesu entspricht.
Auch Familienmitglieder haben die Möglichkeit, sich unser Leben genau anzuschauen. Es ist auch schon vorgekommen, daß Eltern ihren Kinder in die Gemeinde gefolgt sind, weil sie nicht von Vorurteilen geprägt waren, sondern das Wirken Gottes an ihren Kindern und auch in der Gemeinde erfahren haben. Sie haben erkannt, daß die Veränderung an ihren Kindern nicht ein Produkt psychologischer Manipulation war, sondern das Werk Gottes.
Leider sind die Fälle, daß auch Familienangehörige den Weg der Nachfolge eingeschlagen haben, nur Ausnahmen. Durch die unterschiedlichen Lebensziele wird die verbindende Basis immer kleiner und der Kontakt zur Familie schwächer. Das ist aber nicht das Ergebnis raffinierter Manipulation sondern eine natürliche Entwicklung. Überdies entspricht das auch ganz den Worten Jesu:
“Da ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Mutter oder Vater oder Kinder oder äcker verlassen hat um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfach empfängt, jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und äcker unter Verfolgungen und in dem kommenden Zeitalter ewiges Leben.” (Markus 10,29-30)
Die von Herrn Kluge angeführte Stelle aus 2. Kor 6,14-18 trifft dieses Problem nicht. Wie schon oben (zu “Äußere Lebensform”) erwähnt, geht es in 2. Kor 6 nur um die Unmöglichkeit geistlicher Gemeinschaft zwischen Gläubigen und Ungläubigen.
Zum Vorwurf, daß wir die Praxis Jesu, mit Sündern Mahlgemeinschaft zu haben, nicht beachten:
Jesus ist allen nachgegangen, hat Sünder gerufen, hatte mit ihnen Tischgemeinschaft. Aber Jesus hat nie an ihren Sünden teilgenommen. Wo Jesus war, war immer Gott im Mittelpunkt. Er hat Gottes Liebe zu denen gebracht, die von den Pharisäern abgeschrieben worden waren. Das Reich Gottes war im Zentrum seines Lebens und Tuns und all seiner Gespräche. Viele Sünder ergriffen diese ihnen von Jesus geschenkte Möglichkeit und kehrten um. Doch hat Jesus nie die Sünden der Menschen durch seine Gegenwart bestätigt. Oder meint Herr Kluge etwa, daß Jesus mit den Menschen – auf die heutige Zeit übertragen – über Fußball und Autorennen diskutiert hätte, sich mit ihnen ins Kino gesetzt hätte und vielleicht zu deren Zoten still gelächelt hätte? Wo die Menschen anderes im Kopf hatten als Gott, fehlte auch Jesus die Gesprächsbasis.
“Denn Johannes kam zu euch im Weg der Gerechtigkeit, und ihr glaubtet ihm nicht; die Zöllner aber und die Huren glaubten ihm; euch aber, als ihr es saht, gereute es auch danach nicht, um ihm zu glauben.” (Matthäus 21,32)
Die Sünder haben Johannes, und später noch viel mehr Jesus, geglaubt. Das war die Basis für die weitere Gemeinschaft.
“Ein Christ, der sich nach dem Kontakt mit der Holic-Gruppe nicht bekehrt, ist für sie eigentlich noch schlimmer als ein Atheist, der die Botschaft so noch nicht vernommen hat.” lautet ein weiterer Vorwurf.
Dazu kurz:
1. Jemand, der schon Christ geworden ist, braucht sich nicht mehr zu bekehren. Wir haben noch nie einen Christen zur Bekehrung aufgefordert. Wie schon wiederholt ausgeführt, freuen wir uns über jeden Christen, den Gott zu uns führt.
2. Ein Scheinchrist, der die Bekehrung zu Gott (nicht zu einer nicht existenten “Holic-Gruppe”) verweigert, hat sich dadurch in eine schlimmere Situation gebracht, als jeder, der die Botschaft noch nicht gehört hat (egal ob Atheist oder religiös). Wer sich dem Ruf Gottes verweigert, verhärtet sich gegen Gott, und es wird für ihn viel schwerer sein, auf einen weiteren Ruf Gottes zu hören als für jemanden, der noch nichts gehört hat.
3. Wir bekennen aber mit Paulus, daß jeder Mensch Gott erkennen kann und daß es deswegen keinen Atheisten guten Glaubens geben kann.
“… weil das von Gott erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen geoffenbart. Denn sein unsichtbares Wesen, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen und geschaut, damit sie ohne Entschuldigung seien …” (Römer 1,19-20)
Wir müssen daher auch bei Atheisten leider voraussetzen, daß sie schon schwerwiegende Entscheidungen gegen Gott getroffen haben, was uns aber nicht daran hindert, auch um Atheisten zu kämpfen.
Die hier zitierte Kritik setzt auch voraus, daß wir uns um Atheisten bemühen, was zeigt, daß Herrn Kluges Feststellung, daß eine “Mission unter Atheisten unbekannt” sei, nicht der Wirklichkeit entspricht.
Es ist interessant, daß “den Sektenmitgliedern” ein Lob gezollt wird, das Herr Kluge nur wenigen seiner römisch-katholischen Glaubensbrüder zubilligen würde, wenn er schreibt: “Wahrscheinlich würden Sektenmitglieder eher eine Antwort verweigern, als sich mit einer Lüge aus der Affäre zu ziehen.”
Wer an die Wahrheit glaubt, lebt auch in ihr.
Zur Kritik an mangelnden “Sozialen Aktivitäten nach außen”: Es ist richtig, daß wir unsere Aufgabe nicht in sozialen Aktivitäten sehen, aber nicht deswegen, weil wir diese Aktivitäten als grundsätzlich falsch sehen. Etliche unserer Geschwister gehen in ihrem Beruf “sozialen Aktivitäten” nach. Darüber hinaus sind wir uns der starken sozialen Ungerechtigkeit in vielen Teilen der Welt und der großen materiellen Not vieler Menschen durchaus bewußt und unterstützen daher einige Hilfsorganisationen. Doch die Hauptaufgabe eines Christen ist eine andere. Jesus hat seine Jünger nicht zur Beseitigung sozialer Mißstände ausgesandt, sondern um das Evangelium zu verkünden. Der Kampf gegen die materielle Not ist eine wichtige Aufgabe. Der Kampf gegen die geistliche Not ist noch dringlicher. Einerseits deswegen, weil ein Leben ohne Gott Konsequenzen nicht nur in diesem irdischen Leben hat, sondern den Menschen auch für alle Ewigkeit von der Quelle ewigen Glücks trennt. Andererseits ist gerade die Sünde der Menschen vielfach die Ursache für soziale Ungerechtigkeit. Ein Christ unterdrückt seine Mitmenschen nicht und beutet sie auch nicht aus. Mission ist somit auch indirekt eine Beseitigung von Unrecht. Das Teilen und der einfache Lebensstil der Christen werden zu einem Modell für ihre Umgebung. Am Leben der Gemeinde soll sichtbar werden, wie es überall sein könnte, wenn alle Gott folgten.
Ganz entschieden lehnen wir aber den Grundsatz ab, den wir im Handbuch einer römisch-katholischen Unterorganisation gefunden haben: “Es darf keine materielle Hilfe geleistet werden, auch nicht im kleinsten Ausmaß. Erfahrungsgemäß müssen wir darauf hinweisen, daß auch alte Kleidung unter diese Bestimmung fällt.” (Das offizielle Handbuch der Legion Mariens, deutsche Ausgabe, Wien 1962, S. 303)
Erfreulicherweise gibt es in den Ländern, in denen wir Geschwister kennen, doch eine gewisse soziale Absicherung (auch wenn manche Politiker oft gerade sogenannter christlicher, in Wahrheit jedoch kapitalistischer, Parteien – eifrig an deren Demontage arbeiten). So stellt sich die Dringlichkeit sozialer Hilfe in geringerem Ausmaß als in biblischer Zeit. Bei unserer geringen Zahl könnten wir auch bei voller Konzentration auf soziale Tätigkeiten viele Probleme nicht lösen. Gerade weil wir nur wenige sind, ist es umso notwendiger, uns voll auf die missionarische Tätigkeit zu konzentrieren. Das materielle Brot können auch ethisch hochstehende Nichtchristen weitergeben. Das Brot des Lebens hat Jesus aber den Jüngern zur Weitergabe anvertraut. Das zu tun sind wir eifrig bestrebt, was uns ja auch unser Kritiker unter dem Stichwort “großer Missionierungsdrang” zugesteht.
Zu den Kleinbussen: Gemeinschaftsleben und Mission sind im Mittelpunkt unseres Lebens. Das erfordert auch, daß wir häufig unterwegs sind. Im Lauf der Zeit hat sich gezeigt, daß das am effektivsten mit Kleinbussen, in denen man auch kurzfristig wohnen kann, möglich ist. Die Finanzierung dieser Busse erfolgt ausschließlich durch eigene Mittel, ohne jegliche staatliche oder sonstige Unterstützung. Da wir weder eine staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft noch irgendein anderer Verein sind (es auch nicht sein wollen), genießen wir auch keinerlei Steuervorteile. Daß wir uns die Busse, deren Innenausstattung zwar zweckmäßig aber nicht “respektabel” ist, trotzdem leisten können, ist ein Ergebnis des Teilens. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Ansicht, daß die Gütergemeinschaft zur Not führt, ist es doch nur logisch, daß bei einem einfachen Lebensstil und beim Teilen aller Güter etwas Geld für die Anschaffung gemeinsam zu nutzender Werte bleibt.